Link zur Ausgabe #2,#3,#4,#5,#6 100 Bullets #1, erschienen im August 1999 bei Vertigo (DC) Autor: Brian Azzarello, Zeichner: Eduardo Risso, Farben: Grant Goleash, Seperation: Digital Chameleon, Letterer: Clem Robins, Redakteur: Axel Alonso Eine Frau bekommt im strömenden Regen eine Knarre an den Kopf gehalten. Begleitet wird diese Szene von den Worten: "Bang. Du bist tot." Die gleiche Frau steht zum letzten Mal unter der Dusche. Zum letzten Mal mit ihren Mitgefangenen. Dann wird sie zurück in die Welt entlassen, aus der sie kommt. Eine Welt, die geprägt ist von den Leben mit den Gangs. Eine Welt, in der ihr Kind, ihr Mann und ihre Freunde einfach von Vorbeifahrenden ermordet worden sind. Auf der Fahrt zurück in diese Welt setzt sich ein mysteriöser Mann zu ihr. Er rüstet sie mit dem Wissen, daß es zwei Cops waren, die damals alle umgebracht haben und mit einer Pistole und hundert Patronen aus. Zuhause erfährt sie, daß alles seinen gewohnten Gang geht. Ihre Freunde stehlen den Reichen die Autos und verhökern diese an noch reichere Gangster. Alles ist wie früher. Doch dann tauchen plötzlich zwei Polizisten auf, um sich persönlich nach der auf Bewährung Entlassenden zu erkundigen. Es kommt zu einer Konfrontation, aus der die Polizisten mit dem Wissen herausgehen, daß Dizzy mächtige Beschützer zu haben scheint. Einfach, aber nicht uninteressant. Wie wird der Autor die Geschichte, die nicht auf das Format einer Miniserie limitiert ist, weiterspinnen? Wird der mysteriöse Mann von Opfer zu Opfer wandern, um diese mit seinem Geheimwissen zu füttern? Oder wird dies nur die Geschichte von Dizzy und ihrem Viertel werden? Die Zeichnungen erinnern an "Hitman" und scheinen teilweise etwas zu überstürzt ihren Platz auf dem Papier gefunden zu haben. Die Seitengestaltung finde ich aber sehr stimmig. 100 Bullets #2, erschienen im September 1999 bei Vertigo (DC) Autor: Brian Azzarello, Zeichner: Eduardo Risso, Farben: Grant Goleash, Seperation: Digital Chameleon, Letterer: Clem Robins, Redakteur: Axel Alonso, Cover: Dave Johnson Dizzy wird wenig freundlich von ihrer Mutter begrüßt. Schnell fangen die beiden an, sich zu streiten. Dizzy sieht in dem Leben, das die Menschen in ihrem Viertel leben, keinen Sinn. Der Tod durch die Gangkriege und durch die Drogen lähmt das Leben und verstrickt die Bewohner in einem ewigen Kreislauf bestehend aus Verlusten. Dizzy weiß, wovon sie spricht und sie weiß auch, daß andere Mächte das Leben im Viertel von Außen beeinflussen. Eine ähnliche Unterhaltung führt sie dann im Park mit ihren Freundinnen. Diese sind genervt davon, daß ihre Männer im Knast hocken und daß ihre unbekümmerte Jugendzeit vorbei ist. Emotionaler Stillstand mit Mitte Zwanzig. Die Lords und die Kings halten alle auf Trab. Es ist ein nie endender Krieg um die Straßen des Viertels. Ein Krieg, der niemals gewonnen werden kann. Und sie hört, daß ihr Bruder zu einer lokalen Größe aufgestiegen ist. Er ist angeblich gut in dem, was er tut, und die Drogen, so hört sie weiter, sind auch härter geworden. Ihr Bruder ist beunruhigt, als er hört, daß Dizzy Ärger mit zwei Cops hatte. Diese Cops sind gerade dabei miteinander zu reden. Sie reden über ihr Treffen mit Dizzy und über alles, was sie sonst noch um die Ohren haben. Es gibt genug zu tun. Dann klingelt das Handy und sie sind wieder unterwegs. Sirenen jagen durch das Viertel. Cops fragen, ob die Bewohner was Auffälliges bemerkt hätten. Dizzy geht der Quelle der Unruhe nach. In einem lokalen Treffpunkt findet sie ein Massaker vor. Familie und Freunde sind tot. Waren es wieder die Gangbanger? Dann sieht sie die beiden Cops. Sie macht sie verantwortlich und wird dafür sofort wieder eingebuchtet. Dann kommt sie frei. Frei, warum ist sie wieder frei? Ein Mann beobachtet sie dabei, wie sie das Präsidium verläßt. Draußen wird sie von ihrem Bruder Emilio erwartet. Er hat sie also rausgehauen. Emilio ist zwar etwas verwundert, daß sie ihn so überschwenglich begrüßt, läßt sich aber nichts anmerken. Zuhause greift Dizzy zur Waffe. Optisch finde ich diese Ausgabe geradezu herausragend und erinnert mich etwas an das geschickte Gestalten von Duncan Fegredo während seiner Zeit als Zeichner von "Enigma" (eine der besten Vertigo-Miniserien). Auch die Farben passen sich dem Stil an und der Betrachter fühlt sich schnell in die Welt der Gangs und der amerikanischen Ghettos hineingezogen. "Boys in the Hood" und "Manace to Society" lassen hier stark grüßen. So ist das Kleinuniversum der Heldin nun gut erforscht und nun könnte die Geschichte mal etwas mehr an Spannung und Inhalt gewinnen. 100 Bullets #3, erschienen im Oktober 1999 bei Vertigo (DC) Autor: Brian Azzarello, Zeichner: Eduardo Risso, Farben: Grant Goleash, Seperation: Digital Chameleon, Letterer: Clem Robins, Redakteur: Axel Alonso, Cover: Dave Johnson Dizzy ist in die Kirche gegangen und sie trauert um ihre Familie. Dann erklingt eine Stimme aus der Bank hinter ihr. Es ist ein Mann, der sich ihr als Mr. Shepherd vorstellt. Dizzy vermutet richtig, daß Shepherd ein Vertrauter des geheimnisvollen Agent Graves ist. Dizzy weiß nicht, was sie nun tun soll. Die Beweise führen zu den Cops. Soll sie diese töten? Hat ihr deswegen Agent Graves eine Pistole gegeben? Shepherd glaubt nicht, daß Dizzy wirklich weiß, wer die Verantwortung trägt. Als sie aus der Kirche herausgeht, warten die Cops schon auf sie. Sie nehmen sie mit und sie fahren sie zu der Person, die für das Ende ihrer Familie verantwortlich ist. Dizzy weiß nicht, was sie davon halten soll. War es immer Agent Graves, der die Fäden in der Hand hatte? War er für alles verantwortlich? Doch dann taucht Emilio auf. Er erklärt ihr, daß ihr Mann Hector sich nicht, wie sie gedacht hatte, aus allen Gangaktivitäten herausgehalten hatte. Er gab damals nur noch Befehle. Die Cops versuchten ihn dazu zu zwingen, mit einer anderen Gang einen Frieden einzugehen. Doch Hector lehnte ab. Das konnten die Cops nicht zulassen, da sie schon zu tief in den Angelegenheiten der Gangs drin steckten. So warteten sie die richtige Gelegenheit ab und es war niemand anderes als Emilio, der ihnen den richtigen Zeitpunkt zum Zuschlagen nannte. Daß Dizzys Kind auch getroffen wurde, war nichts als ein unglücklicher Zufall. Danach hatten Emilio und die Cops eine Vereinbarung getroffen. Es waren auch nicht die Cops, die für die Toten am vorangegangenen Tag schuldig waren, dies war auch sein Werk. Er ist nicht wie Hector. Er kümmert sich selbst um seine Angelegenheiten. Als all das erzählt ist, wird Emilio erst einmal, dann zweimal getroffen. Er geht zu Boden, die Cops sind gekommen, um sich von ihrem Partner zu trennen. Sie dachten, daß Dizzy dies alles schon vorher gewußt hätte, doch da hatten sie sich geirrt. Nun müssen sie die Drecksarbeit selbst erledigen. Doch diesmal rechnen sie nicht mit Dizzy. Dizzy rächt sich nun. Sie erledigt die Cops und ruft die Polizei an. Sie weiß, welche Schlüsse die Polizisten ziehen werden, wenn sie hier eintreffen. Sie finden zwei Cops, eine Menge Drogen und Waffen und ein angeschossenes Gangmitglied. Zurück auf der Straße wird sie von Mr. Shepherd erwartet. Er weiß, daß sie viel zu bereden haben. Eigentlich ein typischer Thrillerplot, der aber toll zu Papier gebracht wurde. Nun bin ich gespannt, ob mit der nächsten Ausgabe eine ganz neue Geschichte beginnt, oder ob Dizzy bloß einen neuen Auftrag bekommt. 100 Bullets #4, erschienen im November 1999 bei Vertigo (DC) Autor: Brian Azzarello, Zeichner: Eduardo Risso, Farben: Grant Goleash, Seperation: Digital Chameleon, Letterer: Clem Robins, Redakteur: Axel Alonso, Cover: Dave Johnson Eine heruntergekommene Bar ist der geeignete Ort für dumme Scherze und kleinen Prügeleien. Ein Mann geht zum Tresen, nachdem eine dieser Prügeleien beendet worden ist und fängt an, sich mit dem Barkeeper zu unterhalten. Er zeigt ihm ein Foto, auf dem eine junge, gutaussehende Frau zu sehen ist. Danach erzählt Graves Lee Dolan mehr über die Frau auf dem Foto. Sie heißt Megan Dietrich und ist für Lee Dolans Abstieg verantwortlich. Durch die Taten dieser Frau wurde aus dem erfolgreichen Restaurantbesitzer ein Mann, der sowohl sein Geschäft als auch seine Familie verloren hat. Als das F.B.I. Dolan beschuldigte, daß er im Internet Kinderpornografie anbietet und dafür Beweise auf Dolans Computerfestplatte fand, war es Megan Dietrich, die dafür gesorgt hat, daß diese Beweise dort zu finden sind. Und nicht nur diese Informationen gibt Graves an Lee weiter. Er überreicht ihm auch einen Koffer mit einer Pistole und hundert Patronen und er sagt Lee, daß Megan Dietrich an diesem Abend in diese Kneipe kommen wird. Und glücklicherweise bekommt Lee von seinem Chef eine extra Schicht für den Abend angeboten, da ein paar Yuppies heute Abend für eine volle Kasse und reichlich Arbeit sorgen werden. Lee sagt natürlich sofort zu. An einer Haltestelle wartet er auf seinen Sohn. Doch dieser will nichts mit seinem Vater zu tun haben. Danach geht Lee in ein Striplokal, um sich mit einer der Stripperinnen zu unterhalten. Die Unglücklichen sind immer in der Lage, einen anderen Unglücklichen zu erkennen. Am Abend treffen die Yuppies ein. Lee sieht sich schon den Revolver greifen und abdrücken. Doch ersteinmal ist dies nur eine Wunschvorstellung. Bei der ersten echten Chance wird er gestört. Als die Yuppies dann, nachdem Lee noch eine Runde für das Geburtstagskind ausgegeben hat, aufbrechen, ist sich Lee aber sicher, daß er Megan Dietrich noch einen Besuch abstatten wird. "100 Bullets" wird so etwas wie eine Engel auf Erden-Variante für Pulp Fiction-Fans. Ein Unrecht muß getilgt werden und der Leser ist dabei wenn es geschieht. Dies alleine würde noch nicht für ein gutes Comic ausreichen. Der herausragende Zeichner Eduardo Risso legt soviel Wert auf eine genaue Bildabfolge und den Blick für die richtige Bildperspektive, daß man einfach nur bewundernd in die Hände klatschen könnte. Mit dieser Arbeit wird Risso sicherlich in die Comicgeschichte eingehen und glatt einen Platz unter Zeichnern wie Frank Miller einnehmen. Daß ist um so verwunderlicher, da er mit seinem Zeichenstil mehr an das frankobelgische Comic als an das amerikanische Comic anknüpft. Damit sollte diese Serie eigentlich auch in Europa auf eine große Fangemeinde stoßen. In Deutschland hat ja Thomas Tilsner nicht lange gezögert und auch für eine deutsche Übersetzung gesorgt. 100 Bullets #5, erschienen im Dezember 1999 bei Vertigo (DC) Autor: Brian Azzarello, Zeichner: Eduardo Risso, Farben: Grant Goleash, Seperation: Digital Chameleon, Letterer: Clem Robins, Assistent Editor: Cliff Chiang, Redakteur: Axel Alonso, Cover: Dave Johnson Lee Dolan lädt erst seinen Sohn und dann die Stripteasetänzerin in die Bar ein, in der er arbeitet. Er will dort am Abend seine Wiedergeburt feiern. Danach sucht er Megan Dierich in ihrer Firma auf. Megan leitet eine Sicherheitsfirma und freut sich sichtlich darüber, daß Lee ihr die Brosche wiederbringt, die sie schon als verloren geglaubt hat. Dann konfrontiert Lee sie mit dem eigentlichen Grund seines Besuches. Er erzählt ihr von den Dingen, die sein Leben vor vier Jahren zerstört hatten. Von den Bildern, die das F.B.I. auf seiner Computerfestplatte gefunden hat, und von seinen Kindern, die seitdem nichts mehr von ihm wissen wollen. Doch dann kam plötzlich dieser fremde Mann zu ihm, der ihm zeigte, wer für sein Unglück verantwortlich war und der ihm auch die Waffe, die er nun auf Megan gerichtet hat, gegeben hat und dies mit 100 nicht registrierten Patronen. Megan erklärt Lee, daß er die Pistole, die er nun auf sie gerichtet hält, nicht benutzen soll. Sie verfügt über große Macht und Einfluß. Sie kann sein Leben und das seiner Kinder um so vieles einfacher gestalten. Sie muß nur ein Konto einrichten und eine Millionen überweisen, dies kann sie von ihrem Computerterminal machen. Sie kann dafür sorgen, daß sein Sohn ein Stipendium bekommt und wieder wandern ihre Finger über die Tastatur. Dann erzählt sie ihm, daß die Sache mit der Kinderpornographie eigentlich nichts mit Lee persönlich zu tun hatte. Nur als sie und ein paar Freundinnen vor vier Jahren auf diese Seite mit diesen perversen Fotos im Internet gestoßen waren, beschlossen sie, daß ein paar Männer dafür bestraft gehörten. Und so versendeten sie die Daten per Zufallsgenerator an Internetnutzer, die zur selben Zeit wie sie im Internet waren. Es war nur ein böser Scherz, der das Leben von Lee Dolan zerstört hatte. Dies läßt Lee Dolan auch nicht glücklicher werden, doch kann er letztendlich der Verlockung des Geldes und des zukünftigen Glücks seiner Kindern nicht widerstehen und so läßt er sich auf den Deal, den ihm Megan vorschlägt, ein. Er übergibt ihr seine Waffe. Während dieses Gespräch voranschreitet, schwenken die Bilder auf eine Nebenhandlung, in der jemand gewaltsam versucht, in den Besitz eines Koffers zu gelangen. Als ihm dies gelungen ist, wird er von einem Hubschrauber aus beschossen, doch ist auch diese neuerliche Gefahr für ihn kein Hindernis. Lee ist nun bereit, das Büro von Megan zu verlassen. Nun aber schießt sie ihn einfach in den Kopf. Sie wählt eine Nummer und gibt der Person am anderen Ende der Leitung bekannt, die gerade einen bösen Hund getötet hat, daß Graves noch hinter ihnen her ist. Anscheinend wußte Megan von Anfang an, wer für diesen Vorfall verantwortlich war. Anscheinend steckt hinter den Aktionen von Mr. Graves mehr als man noch in der letzten Ausgabe gedacht hatte. Er scheint seine Informationen und seine Waffen und Munition nicht nur der reinen Gerechtigkeit wegen zu verschenken. Da ist man ja noch gespannter zu erfahren, wie diese wunderbar gestaltete Serie weitergeht und hoffentlich erklärt uns auch Brian Azzarello noch, was es mit diesem Nebenplot auf sich hatte. |
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