|
Neil Gaiman: Sternenwanderer. München: Heyne, 2002. 222 S. ISBN 3-453-19933-2 Das kleine Örtchen Wall liegt unscheinbar irgendwo in England. Was den Ort besonders macht, ist ein Markt, der alle neun Jahre stattfindet und in dem es erlaubt ist, hinter der Mauer, die den Zugang zum Feenreich verschließt, Außergewöhnliches und Magisches zu kaufen. Am Anfang dieser Erzählung erleben wir mit, wie es zur Zeugung eines neuen Bewohners von Wall kommt, der fortan sowohl menschliche Züge hat, der aber auch Eigenschaften des Feenreiches in sich birgt. Doch ersteinmal lebt Tristran Thorn ein ganz normales menschliches Dasein. Zwar wird im Dorf viel über den außergewöhnlichen Jungen gerätselt, doch hat Tristran kaum Ahnung davon, was ihn so besonders macht. Seine Familie redet über dieses Thema nicht. Durch die Liebe zu einer jungen Frau, die ihm einen Kuß verwehrt, macht sich der Junge auf die Suche nach einem Stern, den er für seine Liebste finden und zu ihr bringen will. Denn dann, so hat ihm seine Liebste es versprochen, wird sie ihm gehören. So dringt Tristran mit Hilfe seines Vaters in das Reich hinter der Mauer ein. Von nun an trifft Tristran auf außergewöhnliche Wesen und erlebt allerhand Seltsames. Er weiß aber nicht, daß auch andere Bewohner des Feenreiches sich aus unterschiedlichen Gründen auf die Suche nach dem Stern gemacht haben und daß diese dabei auch recht skrupellose Methoden haben, um ihr Ziel zu erreichen. So machen sich die Söhne des Lords der Festung Stormhold und eine mächtige Hexenkönigin auch auf die Suche nach dem Stern und natürlich kreuzen sich deren Wege im Verlauf ihrer Suche mit dem von Tristran. Neil Gaiman zeigt uns hier, daß Märchen nicht nur für Kinder da sind. Der Autor der preisgekrönten Comicreihe "The Sandman" und Bücher wie "Niemalsland" fängt seine Erzählung zwar sehr lieblich und teilweise romantisch lustig an, doch im Laufe der Handlung kommt es auch immer wieder zu recht drastischen Szenen, die aber eigentlich wohl auch nicht viel schlimmer sind als unzensierte Szenen in Grimms Märchen. Was wirklich sehr begeisternd zu verfolgen ist, ist die Art und Weise, wie Gaiman es schafft, daß er fast alle Nebencharaktere, die er dem Leser vorstellt, nicht nur einen kurzen Auftritt haben, sondern aus einem ganz bestimmten Grund auftauchen. Außerdem ist es der feine Humor, der den Leser unaufhörlich weiterlesen läßt und der teilweise an einem gut aufgelegten Terry Pratchett erinnert, mit dem Gaiman ja auch schon ein Buch zusammen geschrieben hat. Weniger gelungen scheint mir bei dieser deutschen Ausgabe nur das Titelbild, welches überhaupt nicht zur Geschichte paßt. Wenn man dann noch weiß, daß es eine wunderbare englische Fassung gibt, die beim Comicverlag DC/Vertigo erschienen ist und in der es wunderschöne Bilder des Zeichners Charles Vess zu bestaunen gibt, dann fragt man sich, warum es dem deutschen Verleger nicht gelungen ist, eines dieser Bilder fürs Cover auszuwählen. Aber da der Inhalt ja doch wichtiger ist als die Verpackung, kann ich dieses Märchen nur jedem interessierten Leser wärmsten empfehlen. Denn warm ums Herz wird einem bei der Lektüre auf jeden Fall. |
|
![]() |
![]() |
![]() |