Moonlight Mile

Ein ganz normaler Morgen in einem kleinen amerikanischen Städtchen im Jahre 1973. Joe wird durchs Telefon aus einem Traum gerissen. Ehemann und Vater Ben rasiert sich im Bad und die Hausherrin Jojo kommt die Treppe heruntergelaufen. Doch an der Stimmung, die im Haus herrscht, merkt man, daß es für diese drei Personen kein normaler Morgen ist. Etwas steht unausgesprochen im Raum. Dann setzt sich die Kolonne von Fahrzeugen in Bewegung und steuert ihrem Ziel, dem Friedhof, entgegen. Ben und Jojo haben ihre Tochter verloren und Joe die Frau, die er eigentlich in ein paar Tagen heiraten sollte. Nach der Beerdigung und dem anschließenden Kaffeetrinken versuchen sich die drei in ihren Alltag zu flüchten. Nur Jojo zeigt eine Gefühlsregung, als sie die gutgemeinten Ratgeber zur Trauerbewältigung zu verbrennen versucht. Joe hat sich darauf eingelassen, mit Ben zusammen ein Maklerbüro zu leiten. Ben schenkt der neuen "Chance" seine ganze Energie und versucht Joe als Kumpel und Tochterersatz gleichermaßen für sich zu gewinnen. Aber auch er leidet unter dem sinnlosen Tod seiner Tochter. Sie wurde im Eiscafé das unschuldige Opfer eines mit Waffengewalt geführten Ehestreits. Ben betritt dieses Café, das gegenüber von seinem Büro auf der anderen Straßenseite liegt und fragt, wo seine Tochter gesessen hat und wieso das Fenster, das durch die Kugeln zerstört wurde, noch nicht durch ein neues ersetzt worden ist. Joe macht, als er das kleine Postbüro betritt, um dort darum zu bitten, daß die Einladungen zur Hochzeit ihm zurückgegeben werden, die Bekanntschaft der dort arbeitenden Bertie. Auf sie wird er noch öfters treffen und man merkt schon dieser ersten Begegnung an, daß sich die beiden sofort miteinander verbunden fühlen. Die Beziehungen der in diesem Kleinkosmos agierenden Personen werden noch auf die eine oder andere Probe gestellt.

Daß auch amerikanische Filmemacher immer noch Stoffe finden, die fern von den üblichen Hollywoodproduktionen nach ihren Zuschauern suchen, hat man nach dem letzten Kinojahr fast vergessen. Das amerikanische Autorenkino schien sich fast in Luft aufgelöst zu haben. Dabei führten nette kleine Produktionen aus Amerika die Arthouse-Liebhaber noch Ende der 80er und Anfang der 90er geradezu scharenweise ins Kino. Plötzlich wurde es aber sehr, sehr ruhig und anscheinend konnte der Rest der Welt plötzlich viel besser feine Kinogeschichten schreiben und produzieren, so daß man sich als Programmkinogestalter dazu veranlaßt sah, den traditionellen britischen und französischen Filmemachern, sowie Filmen aus dem skandinavischen Umfeld und dem Rest der Welt jedem amerikanischen Kinotraum den Vorzug zu gewähren. Dabei blieben dann zwar lobenswerte Filme wie "Texas Story" ,"Das Versprechen" oder "Jesus Son" auf der Strecke, aber irgendwie fühlte man sich auch ganz gut dabei, wenn man dem europäischen Kino mal wieder mehr Interesse schenkte. Schaut man sich aber jetzt um, dann fragt man sich, ob es wieder nur die kurz bevorstehenden Preisverleihungen sind, die uns da eine neue Welle kleiner und feiner amerikanischer Geschichten in die Kinos schwappen läßt oder ob in und um Hollywood herum auch noch ein paar Filmemacher und Produzenten aktiv sind, die mal wieder einen Film produzieren wollen, dessen Anschauungswert nicht bloß dem Haltbarkeitsdatum einer Milchflasche entspricht. Filme wie "About Schmidt", "Adaption" und eben "Moonlight Mile" lassen uns aufhorchen. An den Kinokassen wird aber letzten Endes entschieden, ob mit einem Erfolg dieser Filme sich diese Entwicklung fortführen läßt oder ob reines Massenkino diesen vielleicht neu entdeckten Anspruch wieder hoffnungslos bis zur nächsten Oscarverleihung verdrängen wird.
Um aber noch mal kurz auf den Film namens "Moonlight Mile" zurückzukommen, dieser ist mit seinem so normal scheinenden und doch sehr intelligent gewählten Einblick in das Familienleben so gut gelungen und sehr ausgewogen zwischen Tragik und Hoffnung, gepaart mit einem guten Schuß Alltagskomik, daß sich der Besuch dieses Films auf jeden Fall lohnt. Auch gibt es neue interessante Jungschauspieler zu entdecken, die da Jake Gyllenhall und Ellen Pompeo heißen, die sich hinter einer mal endlich wieder sehr sehenswerten Leistung eines Dustin Hoffman und einer ja meist gutaufgelegten Susan Sarandon, nicht verstecken müssen.