It`s Showtime

(Bamboozled), USA 2000, 135 Min
Regie/Buch: Spike Lee, Kamera: Ellen Kuras

Darsteller: Damon Wayans (Pierre Delacroix), Sloan Hopkins (Jada Pickett-Smith), Savior Glover (Mantan), Tommy Davidson (Sleep `n Eat), Michael Rapaport (Dunwitty)

Wie ein großer Teil seiner Filme handelt auch Spike Lees neuer Film It's Showtime wieder vom alltäglichen Rassismus in den USA. Dieses Mal nimmt Lee sich seine eigene Branche vor, nämlich die Unterhaltungsindustrie und die Mediengeschichte der schwarzen Bevölkerung Amerikas. Der inhaltliche Grundgedanke, auf dem die Mediensatire It's Showtime aufbaut, hört sich interessant an: Pierre Delacroix ist ein afro-amerikanischer TV-Autor, Harvard-Absolvent und arbeitet bei einem Sender, der mit sinkenden Zuschauerzahlen zu kämpfen hat. Seine Konzepte für Fernsehsendungen werden nicht umgesetzt, weil er ohne schwarze Stereotypen arbeiten will. Als sein zynischer Vorgesetzter ihm ein Ultimatum stellt, um eine provokant, quotenträchtige Show zu erfinden, geht er zu den Wurzeln der schwarzen Präsenz in der Unterhaltungsindustrie zurück: er erfindet ein Konzept für eine Minstrel-Show. Minstrel Shows gab es in Amerika seit Anfang des 19. Jahrhunderts. Sie waren varieté-artige Shows mit Sketchen, Tanz und Songs, in denen Weiße sich schwarz anmalten und Schwarze Sklavenfiguren parodistisch als faule Trottel vorführten. Die Tradition, dass als schwarz zurechtgemachte Weiße rassistische Stereotypen verkörpern, wurde im 20. Jahrhundert auch ins Fernsehen übernommen. Pierre Delacroix erfindet nun eine solche Minstrel-Varieté-Show für das Fernsehen, bei der die Hauptdarsteller zwar schwarz sind, sich die Gesichter aber trotzdem schwärzen und die Lippen knallrot anmalen, um die Optik einer Minstrel-Show herzustellen. Auch der Inhalt der Show ist von denselben rassistischen Klischees durchsetzt wie die Originale. Das Ziel bei der Entwicklung dieser Show ist für Delacroix die Provokation; ein Denkzettel, dem er seinem rassistischen Vorgesetzten verpassen will. Zu seiner Überraschung aber wird die Show ein voller Erfolg, und Delacroix muß mit dem Strom schwimmen, denn letztendlich ist ihm der Erfolg wichtiger als ein reines Gewissen. Spike Lee wollte mit It's Showtime eine Satire über die veralteten Stereotypen, die im Fernsehen immer noch herrschen, drehen. Leider wird das komödiantische und satirische Potential des Filmes nicht realisiert. Zu plakativ und eindeutig sind die Dialoge, und auch zu lang. Bei jeder Szene, jedem Satz ist genau die belehrende Intention Lees zu spüren. An Stellen, an denen ein kurzer Kommentar, ein Satz oder ein Blick, reichen würde, sind minutenlange Dialoge eingefügt, die den Film überflüssig lang und belehrend machen. Ein weiteres Manko des Films ist, dass er mit Digitalkameras gedreht wurde. Das verleiht ihm eine Grobkörnigkeit, die Authentizität suggerieren könnte, wenn Lee auch die Drehtechniken der Dogma-Filmer um Lars von Trier verwenden würde. Da aber die Kamera wie in jedem anderen Film auch benutzt wird, sieht It's Showtime nur billig aus, was es nicht leichter macht, sich einen 138-Minuten-Film anzuschauen. Letztendlich nimmt der Film sich für eine Satire zu ernst, denn in seinem Aufbau ist er überaus dramatisch. Aber auch als Drama kann It's Showtime nicht funktionieren, weil der Film keine wirkliche Sympathie für irgendeinen der Charaktere hat. Am deutlichsten wird das bei Delacroix, der Hauptperson, der von Damon Wayans als unerträglich manirierter, entwurzelter Harvard-Sprößling gespielt wird. Dabei sind Lees Standpunkte und Anklagen durchaus nachvollziehbar und wirken nicht übertrieben. Aber es ist nicht möglich, eine gute Satire mit einer so verbissenen politischen Ernsthaftigkeit zu machen. Hätte Lee sich zurückgenommen und mehr Wert auf Subtilität gelegt, statt bei jeder Gelegenheit mit dem politischen Holzhammer auszuholen, wäre It's Showtime eine besserer Film geworden.
Cristian Ulmke

Eine andere Sichtweise

Christian hat zwar mit vielem, was er über It's Showtime sagt, durchaus recht, doch einige Dinge sehe ich etwas anders. Nicht alle Charaktere sind unsympathisch, sie sind vielleicht in ihrem Handeln nur nicht konsequent. So werden die von Delacroix für die Show angeheuerten Straßenkünstler schon recht lebensnah dargestellt. Tommy Davidson und Savion Glover verleihen Mantan und Sleep`n Eat echtes Leben und dürfen als neue Talente des schwarzen Kinos angesehen werden. In ihrer Rolle als aufsteigende Stars, die aber alte Vorurteile fürs Fernsehpublikum auf der Bühne präsentieren, geraten sie in Konflikt zwischen Erfolg und Gewissen. Sie sind es, die die Show mit Leben füllen. Delacroixs Assistentin Sloan spielt im Film das gute Gewissen, während ihr Bruder sich als Aktivist mit am Ende drastischen Schritten gegen das Showkonzept stellt. Auch den gut zusammengestellten Soundtrack finde ich sehr bemerkenswert. Immerhin ist Lee mit It's Showtime bei seinen Wurzeln angekommen und betritt nach dem doch eher langweiligen "Summer of Sam" wieder für ihn gewohntes Terrain. Den Zeigefinger hält er auch tatsächlich wieder recht hoch und als Mediensatire geht It's Showtime vielleicht nicht weit genug. Doch als zu lang und zu redselig bezeichne ich diesen Film durchaus nicht. Dafür sind die Kameraarbeit zu gelungen und viele der schauspielerischen Leistungen durchaus sehenswert. It's Showtime wird es aber im Popcornkino von heute wirklich schwer haben, da der Großteil des Publikums einfach nicht mehr bereit ist, sich im Kino belehren zu lassen. Und die dummen Zuschauer, die über eine "echte" Minstrel Show wirklich lachen würden, wird Spike Lee sowieso nicht erreichen, da er für seine Geschichten viel zu viel Denkarbeit vom Zuschauer verlangt. Am besten und am deutlichsten wird der Film, wenn Lee am Ende Ausschnitte aus alten Minstrel Beiträgen einfach aneinanderschneidet. Hier wird deutlich, wie einfach es doch ist, dem weißen Mann damit eine Freude zu machen, daß er seine ganzen Vorurteile einfach durch die Unterhaltungsindustrie bestätigt bekommt. Jörg Kluge