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Killing Me Softly
Alice ist eine junge Amerikanerin in London mit einem guten Job und einer
stabilen, aber ereignislosen Beziehung. Sie verlässt diese geregelten
Bahnen, als sie eines Tages auf der Straße dem Bergsteiger Adam begegnet
und mit ihm nach Hause geht, ohne vorher mehr als fünf Worte gewechselt
zu haben. Mit diesem spontanen One-Night-Stand beginnt eine Affäre, über
die sie schließlich ihren Freund verlässt und Adam - auch wieder spontan
- heiratet. Die Flitterwochen werden mit Wandern und tollem Sex verbracht,
Alice zieht bei Adam ein und versteht sich sogar mit dessen eigenartiger
Schwester. Das junge Eheglück wird aber schnell getrübt; Alice erhält
Briefe mit Anspielungen auf Adams Vergangenheit, Adam selbst ist recht
wortkarg, wenn es um sein Leben vor Alice geht und schließlich beginnt
sie sich zu fragen, ob der Tod von Adams vorheriger Freundin, die beim
Bergsteigen abgestürzt ist, wirklich ein Zufall war.
Das Ganze ist also eine Art von "Neuneinhalb Wochen" trifft "Basic
Instinct"-Geschichte; ein feuchter Traum der zum Alptraum werden soll.
Das muss ja nichts Schlechtes sein, zumal die Erotikszenen immerhin schon
mal ganz nett gemacht sind. Davon gibt es aber nun auch wieder zu wenige,
um den Film zu tragen, und leider ist die Handlung auch nicht dazu in
der Lage. Zu einer Freundin sagt Alice, dass sich ihre Geschichte wie
ein Kitschroman anhört, und so wirkt auch der Film. Die Dialoge wirken
hohl und unmotiviert, Joseph Fiennes und Heather Graham beschränken sich
die meiste Zeit auf jeweils einen Gesichtsausdruck, nämlich düster und
mysteriös bei Fiennes und sorgenvoll gequält bei Graham, und in Kombination
mit der entweder aufdringlich bedrohlichen oder aufdringlich romantischen
Streichermusik sorgt das oft für unfreiwillige Komik statt für Spannung.
Und wenn sich dann im Showdown auf dem Friedhof gegenseitig der Schädel
mit Schaufeln eingeschlagen wird, gleitet der Film entgültig ins Alberne
ab. Der chinesische Regisseur Chen Kaige, der mit seinem Film "Lebewohl
meine Konkubine" in Cannes eine goldene Palme erhalten hat, sollte wohl
für künstlerischen Anspruch sorgen. Leider hatte er es bei seinem englischsprachigen
Debut mit einem denkbar schlechten Drehbuch zu tun, aber auch die Inszenierung
bleibt uninteressant und wählt Mittel wie die Geigenmusik oder Bettszenen
in Zeitlupe, die die Klischeehaftigkeit der Handlung noch weiter unterstützen.
Christian Ulmke
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