Vanilla Sky

David Aames (Tom Cruise) ist der Mann, der jeder sein will: als Sohn eines Gründers von erfolgreichen Entertainment-Zeitschriften ist er reich, kennt die Prominenz und ist obendrein noch musterhaft gutaussehend. Für den regelmäßigen Sex sorgt eine lockere Beziehung mit Julie (Cameron Diaz). Wie kommt es also, dass dieser Mann mit einer Maske über seinem Gesicht wegen Mordes im Gefängnis sitzt und auf den elektrischen Stuhl wartet? Das ist die Ausgangssituation von Vanilla Sky.

Im Gespräch mit dem Polizeipsychiater (Kurt Russel) erzählt David seine Geschichte. Wie er die bezaubernde Sofia (Penelope Cruz) kennen lernt und durch sie glaubt, die Chance auf echte Liebe zu haben. Wie sein Leben durch einen Autounfall zerstört wird, in dem sein Gesicht entsetzlich verunstaltet wird. Wie er dennoch zu Sofia zurückfindet und sein Gesicht rekonstruiert wird. Und schließlich, als man glaubt, allmählich zu verstehen, wie David ins Gefängnis kommt und wen er ermordet hat, wird die Realität des Films, wie wir sie durch David gesehen haben, in Frage gestellt und die Antwort auf die Anfangsfrage wird umfassender und absurder, als man zu Beginn des Films auch nur ahnen konnte.

Regisseur und Autor Cameron Crowe hat sich mit Almost Famous in die erste Liga der Hollywood-Regisseure katapultiert - zumal hier noch ein echter Autorenfilmer ist, der seine eigenen Drehbücher schreibt. Die Zusammenarbeit mit Tom Cruise, der auch sein Produzent ist, geht auf seinen ersten großen Erfolg "Jerry Maguire" zurück. Man könnte sagen, dass Crowe mit Vanilla Sky das Genre gewechselt hat, wenn der Film sich einem Genre zuordnen ließe. Aber Vanilla Sky steht irgendwo zwischen Drama, psychologischen Thriller und anderen Genres, deren Nennung allein schon zuviel verraten würde. Dabei bleibt der Film in jeder Instanz stimmig und überzeugt sowohl als Drama als auch als Thriller; von der Auflösung ganz zu schweigen. Glücklicherweise ist Vanilla Sky eben nicht das oberflächliche Juppie-Drama, das man vielleicht im ersten Moment erwartet. Der Leistung von Tom Cruise ist hier viel zu verdanken; Cruise beweist mal wieder, dass er mehr kann als nur gut aussehen - auch wenn das Aussehen für die Rolle des David Aames durchaus wichtig ist. Cruise spielt den gutaussehenden Playboy, der nie erwachsen wird, so überzeugen, dass wir auch den Schrecken des Verlusts seiner Schönheit nachvollziehen können und die Schmerzen der langsamen Rekonstruktion seines Lebens.

Vanilla Sky ist möglicherweise vor allem als Produkt einer neuen Welle von Filmen im Gefolge von Fight Club zu sehen; Filme, die zwar mit großen Namen und großem Budget arbeiten, aber über Hollywood-Maßstäbe hinaus intelligent sind und dem Publikum einiges an Mitdenken abverlangen und die sich Fragen wie der Beschaffenheit von Realität und von Identität stellen. Zu erwähnen bleibt, dass Vanilla Sky auf dem spanischen Film Abre Los Ojos (Öffne deine Augen) basiert aus dem Jahr 1997, der vielleicht durch Vanilla Sky noch einmal Beachtung finden wird.