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Orbiter, erschienen im Mai 2003 bei Vertigo (DC)

Autor: Warren Ellis, Zeichnerin: Colleen Doran, Farben: Dave Stewart

Der Traum von der Eroberung des Weltraums wurde nicht nur durch zahlreiche Autoren der Science Fiction und zahlreiche Wissenschaftler entfacht und am Leben gehalten, es waren auch die fast alltäglich gewordenen Flüge der Space Shuttle und der anderen Raketen, die mit ihrem Flügen in den Orbit unseres Planeten ein Interesse an der Erkundung ferner Welten aufrechterhielten. Fehlschläge in diesem Bereich, wie zuletzt bei der Rückkehr der Columbia Mission STS-107, machen aber immer klar, daß ein großer Rückschlag schnell zu einem Ende dieser Bemühungen führen könnte. Jeder neue Shuttlestart wird dann in Frage gestellt und die Versorgungs- und Transportflüge müssen mit russischen oder europäischen Mitteln bewerkstelligt werden. Doch spätestens seit ein Mensch den Mond betreten hat, liegt die Hoffnung auf die Eroberung des Alls in dem einst von der amerikanischen Regierung zur Chefsache erklärten Raumfahrtprogramm. Wenn also anerkannte Comicschaffende und Weltraumfreaks, die, durch Comics und Romane inspiriert, an die Eroberung des Weltraums glauben, von einer solchen Katastrophe erfahren, ist der Schock groß und ein fast fertiges Comicwerk, das sich genau mit diesem Traum befaßt, wird plötzlich von ihnen ganz schnell fertiggestellt, um mit ihren Mitteln den Glauben an diesen Menschheitstraum aufrechtzuerhalten. Und mit "Orbiter" haben Warren Ellis und Colleen Doran genau dies getan und meiner Meinung nach auch glänzend geschafft.

In "Orbiter" geht es um die Rückkehr des vor zehn Jahren spurlos verschwundenen Space Shuttle Venture. Das plötzliche Verschwinden der Venture hatte für die amerikanische Weltraumerforschung katastrophale Folgen. Sie wurde einfach eingestellt. Auf dem Gelände des verlassenen Kennedy Space Centers ließen sich mit der Zeit die Ärmsten der Armen nieder, die genauso erstaunt über die Rückkehr der Venture waren wie alle anderen auch. Schnell werden jene Experten vom Militär herbeigerufen, die sich nach all der Zeit noch immer mit dem Space-Programm auskennen und die ihren Forschungen noch im kleinen Rahmen nachgingen. Die erste seltsame Entdeckung bei der Untersuchung der Venture war die, daß das Shuttle von einer seltsamen Hautschicht umgeben war. Noch merkwürdiger ist aber, daß von der Crew nur noch ein Mitglied an Bord gefunden wurde, das wahrscheinlich dem Wahnsinn verfallen ist und das nicht, wie es eigentlich sein sollte, um 10 Jahre gealtert ist. Außerdem wird an den Rädern des Shuttle etwas Marsgestein entdeckt. War die Venture zum Mars geflogen und dort gelandet? Wie aber sollte dies möglich sein? Die Venture ist nicht für einen derartigen Flug konzipiert worden und hätte eine Landung auf dem Mars niemals überstehen können. Es muß also mit dieser seltsamen Haut zusammenhängen. Während sich die Teams der beiden Forscher Dr. Michelle Robeson und Dr. Terry Marx um die technischen Details kümmern, versucht die Psychologin Anna Bracken einen Weg zu finden, um John Cost, dem einzigen Überlebenden der Venture-Mission, wichtige Details zu entlocken.

Um das Lesevergnügen nicht zu stark zu mindern, werde ich hier keine weiteren Handlungselemente erläutern. Nur soviel sei gesagt, es geht am Ende um die Kraft der Träume und daß man einfach weiter daran arbeiten und glauben sollte, diese Träume wahr werden zu lassen. Wie es einst Carl Sagan mit seinem Roman "Contact" gelungen war, schafft es nun Warren Ellis eine Geschichte zu erzählen, in der es trotz viel wissenschaftlicher Theorien eigentlich darum geht, menschliche Träume wahr werden zu lassen und dies, obwohl die Menschheit trotz ihres Entdeckerdrangs eigentlich nicht in der Lage sein könnte, diese Träume wahr werden zu lassen. Angesichts der Gerüchte, daß selbst die Mondlandung vielleicht gar nicht echt war, sondern in einem Studio uns nur möglichst echt vorgegaukelt wurde, wären wir ja noch nicht einmal in der Lage, überhaupt irgendeinen Planeten zu betreten. Daß wir aber gleichzeitig einen ganzen Haufen Weltraumschrott in unseren Orbit schießen, um unsere Bedürfnisse hinsichtlich Kommunikation, Spionage und Wetterforschung zu stillen, mag da ja schön und gut sein und auch daß eine Weltraumstation sich um unsere Welt herumdreht, mag uns beruhigen, doch ob sich nun fast fünfunddreißig Jahren nach der (wenn sie denn dann echt war) Mondlandung noch irgend jemand wirkliche um die Eroberung fremder Welten kümmert, bleibt uns Normalmenschen doch verborgen. Uns bleibt da nur die Fiktion. Kurz muß ich aber auch noch mal auf Warren Ellis zurückzukommen, der mit "Orbiter" endlich mal wieder zeigte, daß er außer anarchistischen Superhelden und SF-Comics wirklich eine spannende und inspirierende Geschichte schreiben kann und dies sollte er viel öfters machen.