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Connie Willis: Die Farben der Zeit. München: Heyne, 2001. 720 S.
ISBN 3-453-18783-0

Zeitreiseromane sind so alt wie das SF-Genre selbst. Die Faszination, mit Hilfe von ausgefeilter Technik in der Zeit vor und zurück zu springen, um an bekannte und unbekannte Orte zu gelangen und dort spannende Abenteuer zu erleben, hat so mancher Autor schon aufs Papier gebracht. Connie Willis nutzt dies, um ihre Hauptperson die meiste Zeit in der viktorianischen Zeit und rund um Oxford und Umgebung so manches erleben und erleiden zu lassen. Doch wie kam es dazu, daß Ned Henry, Student an der Oxford-Universität, alles daran setzen muß, daß sich zwei Personen an einem für sie vorbestimmten Tag treffen, um damit eine Anomalie in der Zeit zu verhindern? Eine dieser zwei Personen ist nämlich eine Vorfahrin von genau der Frau, die sich im Jahre 2057 vorgenommen hat, die Kathedrale von Coventry in Oxford wiederaufzubauen. Und Lady Schrapnell verläßt sich bei der Rekonstruktion voll auf die Vorzüge der Zeitreise, um sich bei diesem Projekt so nah wie möglich an das Original zu halten. So schickt sie Unmengen von Studenten in die Vergangenheit, um nach wichtigen Details und Gegenständen zu suchen. Ned Henry wurde von ihr darauf getrimmt, auf Wohltätigkeitsbasaren nach Gegenständen zu suchen, die sich in der Kathedrale befanden. Auch in der Nacht nach der Zerstörung der Kathedrale durch die Deutschen ist es Ned Henry, der sich wie immer auf die Suche nach einem der von Lady Schrapnell besonders gesuchten Gegenstände macht, "Des Bischofs Vogeltränke". Als Ned wieder zurück in seine Zeit gelangt, von den ganzen Sprüngen, die er gemacht hat, arg von der Zeitkrankheit mitgenommen, erfährt er, daß etwas eigentlich Unmögliches passiert ist. Es wurde ein Gegenstand aus der Vergangenheit mit in die Zukunft genommen. Dies geht eigentlich nicht. Damit diese Unmöglichkeit keine größeren Schäden auf das Raum-Zeit-Kontinuum hat, werden nun Ned Henry und Verity, die für diese Unmöglichkeit verantwortlich ist, beauftragt, alles zu tun, um den Ablauf der Dinge, in die richtigen Bahnen zu lenken. Dies ist aber schwerer als eigentlich angenommen, da unser unter der Zeitkrankheit leidender Held gar nichts von seinem Auftrag weiß.

Eigentlich ist es ein Fehler, wenn man diesen Roman einfach als SF-Literatur bezeichnet. Vielmehr handelt es sich um eine lustige Komödie von der Art, in der die Hauptpersonen dazu gezwungen werden, ein Liebespaar zusammenzuführen, das sich eigentlich gar nicht für einander interessiert oder es zu trennen, damit sich die Beteiligten in jemand anderes verlieben. Außerdem ist die Art und Weise, in der der Leser zusammen mit dem Helden in das viktorianische Zeitalter eingeführt wird, voller witziger Momente und Begebenheiten. Da Connie Willis auch noch mit Zitaten und geschichtsträchtigen Ereignissen um sich wirft, glaubt der Leser sogar noch etwas zu lernen oder sein Wissen in Sachen englischer Literatur und Geschichte prüfen zu können. Dies brachte mich dazu, daß ich mir jetzt ersteinmal den Klassiker von Jerome K. Jerome "Drei Mann in einem Boot" ausgeliehen habe, um dieses Werk, das die Autorin zu gut mehr als einen Drittel dieses Buches inspirierte, auch einmal zu lesen. Abschließend sei nur noch gesagt, daß dieser mehrfach ausgezeichnete Roman von Anfang bis Ende Spaß macht und daß man nach der Beendigung des Buches mal wieder ziemlich traurig ist, da man sich von all den netten, teilweise auch recht schrulligen Charakteren verabschieden muß.