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Jim Harrison: Licht über dem Land. Roman. Bergisch Gladbach: Lübbe, 1999. 667 S. ISBN 3-7857-1512-9

In "Licht über dem Land" beschreibt Jim Harrison, der auch die literarische Vorlage zu dem Film "Legenden der Leidenschaften" lieferte, die wechselvolle Geschichte einer indianisch-weißen Familie in Nebraska über mehrere Generationen hinweg.
Die Geschichte wird aus mehreren Perspektiven erzählt. Den ersten Teil der Geschichte erzählt der alte Patriarch John Wesley Northridge II in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Er blickt auf sein Leben zurück, auf seine Kindheit, in der er zwischen zwei Kulturen aufgewachsen ist, da seine Mutter eine Sioux war und sein Vater ein Weißer. Später hatte er sich als Künstler versucht und war doch schließlich wie sein Vater Rancher und Farmer in Nebraska geworden, hatte geheiratet und zwei Söhne bekommen, John Wesley III und Paul. Nun, als alter Mann, kümmert er sich hauptsächlich um seine Enkelin Dalva, die die Tochter seines Sohnes John Wesley III ist, der aus dem Zweiten Weltkrieg nicht zurückkam. In die Zeit zwischen 1952 und 1958 fallen nicht nur die letzten Lebensjahre von John Wesley II, sondern auch Dalvas Entwicklung von einem 10jährigen Mädchen zu einem Teenager, der mit 15 Mutter wird und sein Kind zur Adoption freigibt. Der zweite Teil der Geschichte wird von Dalvas Sohn Nelse 30 Jahre später erzählt. Nach seiner Kindheit und Jugend bei seinen Adoptiveltern, einer Rechtsanwaltsfamilie in Omaha, hatte er Zeit seines Erwachsenenlebens ein Vagabundendasein geführt. Nun macht er sich auf die Suche nach seinen Wurzeln und kehrt zu seiner ursprünglichen Familie zurück. Sein Auftauchen läßt viele ungelöste Fragen der Vergangenheit wieder aufleben und so müssen sich auch die anderen, übriggeblieben Familienmitglieder verdrängten Problemen und Lebenslügen stellen. Und so erfahren wir in kürzerer Form auch noch etwas aus der Perspektive von Naomi, Dalvas Mutter, Paul, Dalvas Onkel und schließlich von Dalva selber, die das letzte Wort in der Familiengeschichte hat.

Jim Harrison verbindet in diesem Roman eine mitreißend und spannend geschriebene Familienchronik, die jeweils von einer anderen Person an einem gewissen Zeitpunkt weitergesponnen wird, mit der eindrucksvollen Beschreibung der Landschaften und Tierwelt des amerikanischen Westens und Rückblicken auf die amerikanische Geschichte der letzten zwei Jahrhunderte im Westen. Er schafft dabei Figuren und Charaktere, die man nicht so schnell wieder vergißt und die einem beim Lesen lebendig vor Augen stehen. Annemarie Kluge