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Stephen Fry: Das Nilpferd. München: Diana, 2002. 430 S. Die Handlung des Romans des Multitalents Stephen Fry beginnt damit, daß seine Hauptperson Ted Wallace, ein ehemals erfolgreicher Lyriker und Herausgeber eines Magazins, der nun mit einer Schreibblockade belastet ist und als Theaterkritiker jüngst gefeuert wurde, auf eine junge Frau trifft, bei deren Taufe er nicht nur anwesend war, bei der er sogar das heilige Versprechen gab, sie mit allen Kräften vor dem Teufel zu schützen. Jane erzählt ihm von ihrer Krankheit. Sie ist an Leukämie erkrankt und lag noch vor kurzem im Sterben. Dann aber besuchte sie das Anwesen von Teds altem Freund Logan und dort sei etwas Wunderbares und Wahrhaftiges passiert. Und da sie reich ist, macht sie ihrem Patenonkel ein Angebot, welches er in seiner derzeitigen finanziellen Situation nicht ablehnen kann. Sie beauftragt ihn damit, Swafford Hall einen Besuch abzustatten und nach etwas zu suchen. Was genau er suchen soll, erfährt unser stets spitzzüngiger und verbitterter Held nicht. Er soll aber seinem zweiten Patenkind David besonders viel Aufmerksamkeit zukommen lassen. Da Ted und Logan seit einiger Zeit nicht mehr viel Kontakt miteinander hatten, kostet es Ted etwas Überwindung, den Kontakt auch wirklich herzustellen, doch der Versuchung des Geldes und ein paar schöner Tage im Luxus kann er natürlich nicht widerstehen. So reißt er sich zusammen und schreibt seinem lieben Patenkind einen netten Brief, in dem er geradezu darum bettelt, mit David über Lyrik und andere Dinge zu philosophieren. Der Junge, der die Lyrik über alles liebt, zögert nicht lange und antwortet mit einer überschwenglichen Antwort und daß er sich über einen Besuch seines Onkels sehr freuen würde. Aber nicht nur Ted Wallace findet sich in der ländlichen Abgeschiedenheit von Swafford Hall ein, auch andere suchen den Ort auf, an dem ein Wunder passiert sein soll und an dem auch noch weitere Wunder bald fast schon zum täglichen Ablauf dazuzugehören scheinen und so sammeln sich genug Personen, damit am Ende dieser Geschichte viel Publikum parat ist, um zu erfahren, ob diese Wunder wirklich wahr sind und wer sie ausübt. Zu allererst sollte ich sagen, daß mir dieser Roman viele vergnügliche, manchmal gar köstliche Lesemomente beschert hat. Dies liegt vor allem an dem exzellenten Autor, der alle seine Personen mit sehr viel Liebe behandelt, obwohl er sie durch seinen Beobachter Ted Wallace allesamt aufs köstlichste verspottet und vorführt. Aber natürlich ist auch Ted nicht nur ein exzellenter und unterhaltsamer Zyniker, er versteckt auch sein eigenes Dilemma hinter all dem Spott, mit dem er über seine Umwelt herzieht. Da aus der Ich-Form oft zur Briefform, kurz sogar zur auktorialen Erzählweise gewechselt wird, erzeugt Stephen Fry ein hohes Maß an Vielfältigkeit und es gibt ihm auch die Chance, mal kurz vom Spötter zu einer anderen Person zu wechseln und, als ob es nichts Einfacheres gäbe, eine ganze Familienchronik zu erzählen. Am Ende zeigt sich dann, daß der Leser sich eigentlich in einem ganz gut ausgekundschafteten Genre und einem der britischten überhaupt aufgehalten hat, ohne es zu wissen. Wie bei Agatha Christie haben wir ein schönes Landhaus betreten, in dem des Nächtens immer Seltsames passiert und am Ende offenbart einer, der plötzlich eine Eingebung hat, den Anwesenden, was wirklich passiert ist. Aber machen sie sich keine Sorge, dies ist kein Krimi, dieser Roman ist viel köstlicher und manchmal auch provozierender als jedes Abenteuer von Miss Marple und Monsieur Poirot. Ich mochte Stephen Fry schon als Schauspieler und nun hat er auch einen neuen Abnehmer für seine Romane gefunden. |
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