Roberto Bolaño: Stern in der Ferne. München: Diana, 2002. 173
S. Chile, Anfang der siebziger Jahre kurz nach Pinochets Militärputsch. Ein junger Student, der mit anderen linksgerichteten Studenten festgenommen wurde, sieht von Hof des Gefängnisses, wie eine alte Messerschmitt Verse aus der Genesis in den Himmel schreibt. Dieser tollkühne Dichterpilot, der bald zum Star der Diktatur aufsteigt, nennt sich Carlos Wieder. Unserem Erzähler, der schon bald wieder aus der Haft entlassen wird, wird jedoch bald klar, daß er diesen Carlos Wieder von früher kennt, aus einer liberalen Studentengruppe, einem literarischen Zirkel, in dem man sich gegenseitig seine Gedichte vorlas, an der Universität von Concepción. Dort nannte er sich Alberto Ruiz-Tagle und beeindruckte durch sein Auftreten vor allem die Studentinnen der Gruppe. Sein Verhältnis zu den männlichen Studenten der Runde blieb jedoch immer sehr distanziert. Der Ich- Erzähler (dessen Namen wir nicht erfahren) und sein bester Freund Bibiano erinnern sich auch bald daran, daß zwei Studentinnen aus ihrer Gruppe, Zwillinge, von denen die eine ein intimes Verhältnis mit Ruiz-Tagle hatte, in den ersten Tagen nach dem Militärputsch aus ihrem Haus auf dem Land verschwunden sind und daß man nie wieder etwas von ihnen hörte. Die beiden Freunde machen es sich nun zur Aufgabe, Carlos Wieder als diesen Alberto Ruiz-Tagle zu entlarven und somit auch zu beweisen, daß er hinter dem Verschwinden der Zwillinge steckt. Auch als der Erzähler der Geschichte ins Exil nach Spanien geht, läßt ihn das Ganze nicht los und er tauscht weiterhin Briefe mit Bibiano aus. Der Versuch der Entlarvung weitet sich schließlich zu einer jahrelangen Jagd aus, als Carlos Wieder aus der feinen Gesellschaft der chilenischen Diktatur so schnell wieder verschwindet, wie er aufgetaucht war. Roberto Bolaño beschreibt auf mitreißende Art und Weise die Geschichte eines faschistischen Dichters und die Faszination, ja Besessenheit, die er auslöst. Ein spannender Roman mit einem wichtigen Thema, der noch dazu durch seinen klaren Stil besticht. Annemarie Kluge |
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