Drei Farben: Blau

Julie verliert ihren Mann und ihre Tochter. Dem Verlust ihrer Familie läßt sie danach die totale Aufgabe ihres bisherigen Leben folgen. Julie verkauft das Anwesen und sie versucht auch die letzten Noten, die ihr Mann, der ein angesehener Komponist war, zu Papier gebracht hat, zu vernichten. Nach einer Liebesnacht mit Olivier, einem Freund und Mitarbeiter ihres Mannes, der sie schon immer aus der Ferne geliebt hat, versucht sie alles hinter sich zu lassen. Da ihr der körperliche Selbstmord nicht möglich war, versucht sie eine Art geistigen Ausweg aus ihrem alten Leben zu finden. Julie zieht nach Paris, doch auch dort wird sie von den Erinnerungen und Personen ihres alten Daseins stets heimgesucht. Teilweise ist auch nur die letzte unvollendete Melodie, an der ihr Mann (oder war es eigentlich sie, die die Musik immer zu Papier gebracht hat?) gearbeitet hat, eine Melodie für den Europarat. Diese Musik scheint sie zu verfolgen und immer dann aufzutauchen, wenn sie glaubt, ganz allein zu sein. Julie hat aber auch neue Bekanntschaften. Zum Beispiel gibt es da eine Prostituierte, die unter ihr wohnt und einen armen Flötenspieler, dessen Musik ihr sehr vertraut erscheint. Doch so richtig will sich ein neues Lebensgefühl nicht einstellen und am Ende scheint es so, als daß ihr keine richtige Flucht gelingen will. Zu viel von dem, das sie zu vergessen versucht, ist einfach ein Teil ihres Lebens geworden.

Der erste Teil der "Drei Farben-Trilogie", der die Farbe Blau zugeordnet bekommen hat, steht im Zeichen der Freiheit. Eine Freiheit, die manchmal auch durch einen schweren Verlust errungen wird. Eine Freiheit, die entdeckt und gewonnen werden will. Krzysztof Kieslowski und sein Co-Autor Krzysztof Piesiewicz haben dazu eine Geschichte entwickelt, die sich selbst viele Freiheiten läßt. An vielen Stellen kann der Zuschauer sich selbst eine Lösung ausdenken. Vieles wird offen gelassen und trotzdem scheint es, daß Kieslowski auf keinen Fall zuviel oder zu wenig erzählt. Jedes Bild, jedes Wort, jede Note scheint hier stimmig zu sein. Es ist es den wirklich hervorragenden Darstellern zu verdanken und da allen voran Juliette Binoche, daß der Film durch seine Symbolik und perfekte Bildgestaltung nicht zum reinen Kunstobjekt wird. Auch ist "Drei Farben: Blau" ein wirklich gutes Beispiel dafür, wie gut Musik und Film sich ergänzen können. Außerdem kann man froh darüber sein, daß Europa immer noch die besten Kameraleute der Welt stellt, zu denen sicher ein Slawomir Idziak gehört, der sowohl schon amerikanischen Produktionen wie "Gattaca" zu einem hohen Niveau verholfen hat, der aber nach wie vor auch in Europa tätig ist und sogar gerne für Detlev Buck Geschichten auf Zelluloid festhält ("Männerpension").